-- Kneißl-Lied von Ringsgwandl
Bayerisches Original:
"Des war a Montag vor gor ned so langa Zeit
De Vegl ham ned gsunga, und de Glockn ham ned gleit
Do hams an Kneißl-Hias zu der Hinrichtung gfahrn
Im Roistui, denn in seim Buckl do warn de Kugln von de boarischn Schandarm
"Fangt die Woch scho wieda guat o"
Und der Henka hat eam d'Kapuzn üban Kopf drüba do
Doch der Hiasei, der war koit
Der hat gwusst er muass scho boid in den ewign Woid
Wo er lebn kann ganz in Friedn mit seina Frau und mit seim Kind
Wo er se ned vastecka braucht, wo koa Polizist eam findt
Wo de Wälda voi san volla Hiarsch und voi Hosn, volla Reh
Wo er schiassn konn wenn er Hunga hot, und wo er bodn konn drinn im See
Wo er lehm konn wias eam in Sinn kimmt, koa Pfarra und koa Bürgamoasta
Und wenns eam gfreit dann geht er langsam, und wenns eam gfreit dann laaft und roast er
Freilich, ham sich de Leit scho gfiarcht vor seim rußig schwarzn Gsicht
Doch hot ma drunta gschaut, do wars a ganz a guade Haut
Hot de Bolizei aa gsogt "Leit, passts auf, der Mo is gfährlich"
Doch wer ean kennt hot, der hot gwusst: der Mo is guad, der Mo is ehrlich
Oft gnuag hot er die geldigen Leit scho was gnumma, so a Freid!
Doch er hats nia seiba bhoidn, gibts de Arman, gibts de Oidn
Er war oana von de Oidn, er war oana von de Echtn
Aba gjogt hams ean sei Lem lang wieran Hund, an ganz an schlechtn
Er war oana von de Oidn, er war oana von de Grossn
Drum hamsn Neinzehnhundatzwoa zum Krüppei zamma gschossn
Er war oana von de Oidn, er war oana von de Echtn
Aba gjogt hams ean sei Lem lang wieran Hund, an ganz an schlechtn
An Kneißl Hias"
Übersetzung ins Hochdeutsche:
"Es war an einem Montag, vor gar nicht so langer Zeit
Die Vögel haben nicht gesungen, und die Glocken haben nicht geläutet
Da haben sie Mathias Kneißl zur Hinrichtung gefahren
Im Rollstuhl, denn in seinem Rücken steckten die Kugeln der bayerischen Gendarmen (Polizisten)
"Die Woche fängt ja gut an"
Und der Henker zog ihm die Kapuze über den Kopf
Doch der Mathias war kaltblütig
Denn er wusste, daß er bald in den ewigen Wald muß
Wo er in Frieden mit seiner Frau und seinem Kind leben kann
Wo er sich nicht mehr verstecken muß, wo ihn kein Polizist finden kann
Wo die Wälder voll sind mit Hirschen, Hasen und Rehen
Wo er sich etwas zum Essen schießen kann, wo er im See baden kann
Wo er so leben kann, wie es ihm paßt, ohne Pfarrer und Bürgermeister
Wo er gehen oder laufen kann, wie es ihm gefällt
Natürlich haben sich die Leute vor seinem rußgeschwärzten Gesicht gefürchtet
Doch wer genau hinsah, wußte: das ist eine ehrliche Haut
Auch wenn die Polizei herumerzählt hat: "Paßt auf, der Mann ist gefährlich"
Doch wer ihn kannte, wußte: der Mann ist gut, der Mann ist ehrlich
Oft hat er die Reichen bestohlen
Aber er hat das Geld nie behalten, er hat es den Armen und Alten gegeben
Er war einer von den Alten und Echten
Aber er wurde wie ein Hund gejagt
Er war einer von den Alten und ganz Großen
Und darum haben sie ihn 1902 zum Krüppel geschossen
Er war einer von den Alten und Echten
Aber sie haben ihn sein Leben lang wie einen Hund gejagt,
Den Mathias Kneißl"
Im Begleitheft zur CD schreibt Georg Ringsgwandl:
"Mathias Kneißl, geboren am 4.8.1875, was das älteste von sechs Kindern armer Leute. Mit 16 wurde er das erste Mal eingesperrt, weil er auf dem Tanzboden gesehen worden war, als Schulpflichtiger. Sein Vater starb, als ihn die Polizei abtransportierte. Seine Mutter starb im Gefängnis.
1893 wurde er zum zweiten Mal verhaftet. Sein jüngerer Bruder hatte einen Polizisten angeschossen und starb nach vier Jahren im Gefängnis. Mathias saß sechs Jahre und arbeitete danach als Schreiner. Nur ein halbes Jahr, denn die Polizei drängte den Meister dazu, Kneißl zu entlassen. Zwei Jahre wurde er gehetzt. Bei der Gerichtsverhandlung sagte er: "Ich kann kein Unrecht leiden. Ich kann mich nicht beugen, lieber geh' ich selber zugrunde."
Am 21. Februar 1902, noch gar nicht so lange her, wurde er in Augsburg geköpft.
Quelle: Georg Ringsgwandl, "Kneißl"; aus dem Album "Staffabruck", 1993, Trikont CD 0193E/U
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Kneißl-Lied von Ringsgwandl auf dem Räuber Kneißl Netzplatz. © 1998-2002.
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